Ehrlicherweise muss ich zunächst gestehen, dass ich den Inhalt des Gedichtes nur aus dem Plattdeutschen heraus nicht eindeutig hätte wiedergeben können. Zum Glück gibt es zu dem Gedicht mit dem hochdeutschen Titel „Das Dorf im Schnee“ auch eine Übersetzung, welche zusätzlich zu dem Originaltext hier zu lesen ist. Sonst wäre mir vielleicht entgangen, dass der niederdeutsche Dichter Groth den Winter und seine Eigenschaften in zunächst beinah schon liebevoller Art beschreibt. Er personifiziert sie sogar: der Bach schläft, die Weiden haben weiße Haare. Er schafft ein sehr idyllisches Bild – mal ein anderes Wintergedicht, in welchem der harte Gesell gar nicht so übel dargestellt wird. Oder vielleicht doch? Ein paar negative Attribute treten beim Lesen nun noch zum Vorschein. So ist „alles ruhig, kalt und klar wie der Tod, der ewig ruht“. Unwirtlich erscheint die verschneite Welt, das Ohr vernimmt keinen Ton und der blaue Himmel scheint den Schneerauch förmlich anzuziehen. Letzterer wiederum führt des Dichters Herz still nach Hause, als wäre er ein Traumwandler. Denn kurz zuvor wünscht sich dieser noch, sich wie der Baum ohne Lust und Schmerz in einem tiefen Schlaf zu befinden. Oder hat Groth das tatsächlich alles nur geträumt?
Carolin Eberhardt
Still as ünnern warme Dek
Liggt dat Dörp in witten Snee,
Mank de Ellern slöppt de Bek,
Ünnert Is de blanke See.
Wicheln stat in witte Haar,
Spegelt slapri all de Köpp,
All is ruhi, kold un klar
As de Dod, de ewi slöppt.
Wit, so wit de Ogen reckt,
Nich en Leben, nich en Lut;
Blau na'n blauen Heben treckt
Sach de Rok nan Snee herut.
Ik much slapen, as de Bom,
Sünner Weh un sünner Lust;
Doch dar treckt mi as in Drom
Still de Rok to Hus.
Still, wie unterm warmen Dach,
Liegt das Dorf im weißen Schnee;
In den Erlen schläft der Bach,
Unterm Eis der blanke Schnee.
Weiden steh'n im weißen Haar,
Spiegeln sich in starrer Flut;
Alles ruhig, kalt und klar
Wie der Tod der ewig ruht.
Weit, so weit das Auge sieht,
keinen Ton vernimmt das Ohr,
Blau zum blauen Himmel zieht
Sacht der Rauch vom Schnee empor.
Möchte schlafen wie der Baum,
Ohne Lust und ohne Schmerz;
Doch der Rauch zieht wie im Traum
Still nach Haus mein Herz.