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Heft 1

A |E | I | O | U … Hör gut zu!

Dieses Arbeitsheft beginnt mit einem Vorkurs zur “phonologischen Bewusstheit” und übt das Silbenglieder, das Anlauterfassen und das Reimwortfinden.

Vorweihnachtliches Schleswig-Holstein

Vorweihnachtliches Schleswig-Holstein

Carolin Eberhardt

Vor einigen Jahrhunderten war es in den Gebieten Schleswig-Holsteins, wie auch in den Niederlanden, Brauchtum, dass am Nikolaustag der sogenannte Umgang durchgeführt wurde. Dabei zog der Nikolaus in koboldartiger Vermummung mit einem Sack voll Geschenken für die artigen und der Rute für die unartigen Kinder von Haus zu Haus. Bereits im 19. Jahrhundert wurde diese Tradition in diesem Umfang nicht mehr gelebt. Der Nikolaus erschien bald als der Pulterklas oder ruge Klas (Polterklas oder rauher Klas), der seine Entsprechung in Knecht Ruprecht findet. Ab und an erschien er noch persönlich bei den Kindern oder zu veranstalteten Weihnachtsumzügen. In Friedrichsstadt fand die sogenannte Sönder-Niklas-Feier statt. Zu diesem Anlass wurden Kuchen in Form des heiligen Nikolaus gebacken, um welche dann gespielt wurde. Aus Holland wurde das Backen des St. Niklas-Barken (Ferkel) übernommen, welches ein handhoher Eber aus Roggenbrot war, dessen Rüssel und Ringelschwanz vergoldet waren.

Ein weiterer bedeutender Tag in der schleswig-holsteinischen Adventszeit war der 14. Dezember. An diesem wurde St. Nicasius geehrt, von dem der Aberglaube sagte, dass er die Ratten und Mäuse fernhalte bzw. verscheuche. Aus diesem Grund wurden von den Bewohnern bleibende Inschriften an die Türen angebracht, die dem Ungeziefer weismachen sollten, dass jeder Tag St. Nicasius wäre. „Hüt is Nicasius-Dag!“ oder gar in Latein „Hodie est Nicasius!“ war wohl an einigen Haustüren zu lesen.

Der 21. Dezember war St. Thomas geweiht. Die Thomas-Nacht wurde auf der Insel Föhr begangen, indem die jungen Leute möglichst viel Unfug begehen durften. So zum Beispiel verschleppten sie alle Gegenstände, die zu tragen und nicht befestigt waren, und stapelten diese auf einem Haufen. Dieses Ritual wurde als Thamsen bezeichnet. Im 19. Jahrhundert wurde das Brauchtum bereits schon nicht mehr so oft gelebt.

In den letzten Tagen vor Weihnachten fand sich in den Städten Schleswig-Holsteins ein reges Treiben. Die Bewohner der Umgegend und auch der Städte selbst waren mit den Besorgungen für das Weihnachtsfest beschäftigt. Lübeck machte sich diesen besonderen Andrang mit einem Jahrmarkt zunutze, welcher zwei Tage vor Weihnachten stattfand. Zwei weitere Jahrmärkte folgten in der Stadt zwei Tage vor Neujahr und nochmals zwei Tage vor den Heiligen Drei Königen.

Einen Großteil der Zeit waren die Menschen aber, wie heute auch, mit der Vorbereitung der Geschenke beschäftigt. Die Freude des Überraschens an Weihnachten war den Menschen anscheinend seit jeher zu eigen. Die altbekannten vorweihnachtlichen Heimlichkeiten ließen sich nicht vermeiden, wenn der zu Beschenkende nicht schon vor der Zeit sein Geschenk sehen sollte. Doch trotz der vielen Vorbereitungen zu der Bescherung verbrachten die Menschen in Schleswig-Holstein die Vorweihnachtszeit vornehmlich mit Backen.

Eine wichtige Tradition in der Vorweihnachtszeit war das Backen von frischen Brot. Auf der Halbinsel Angeln backte jeder Bewohner zum Fest sein eigenes Brot, wofür Roggenmehl, Buchweizengrütze und Pfeffernüsse verwendet wurden. Dazu gab es in den Festtagen ein malzreiches süßes und dunkles „Gutbier“, welches nun fleißig in den weihnachtlichen Vorbereitungen gebraut wurde. Besonders in den größeren und kleineren Städten wurden zudem Rosinen- und Korinthensemmel gebacken, die als Weihnachts-Stuten bezeichnet werden. Auch waren Honig- und Zuckerkuchen üblich. Die ersteren hatten eine braune, die letzteren eine weiße Farbe. Beide waren viereckig und platt. In Lauenburg waren die „Kindjes-Puppen“ bekannt, welche die Form eines Kindes hatten und mit Goldschaum verziert wurden. In anderen Orten wurde der Kuchenteig in Form von Adam und Eva und verschiedenen Tieren gestaltet. Diese Gebäcke dienten vorrangig zum Schmuck des Weihnachtsbaums. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die sogenannten „Fürtjen“, was in anderen Regionen als „Nonnenfürzchen“ übersetzt wurde. Doch erschließt sich der Name aus einer völlig anderen Herkunft. Ursprünglich war das Fürtjen ein fingerlanges süßes Kräpflein, welches in der Mitte kugelförmig dick und nach beiden Enden zugespitzt geformt wurde. So erhielt das Gebäck das Aussehen einer Speckseite. In der Mitte befindet sich der Länge nach eine Öffnung, in welche braunes Konfekt aus eingemachten Früchten gefüllt wurde. Diese Füllung wurde in altdeutscher Sprache als „Buorsel“ bezeichnet, welches sich von „Buore“ – Futter oder Nahrung ableitete. Da die Ähnlichkeit des Weihnachtsgebäcks mit einer gefüllten Speckseite verblüffend ist, und letztere als „Nunne“ bezeichnet wurde, erhielt das Gebäck unter anderem den Namen Nonnenfarsches oder Nunkenfurte. Gemeinhin wurde es auch als Nunnenbrot bezeichnet. Somit hat die weihnachtliche Leckerei in seiner Namensgebung nichts mit den Nonnen eines Klosters gemein.

In jedem Haus durfte an Weihnachten ein reichlicher Vorrat an Äpfeln, Walnüssen und Haselnüssen nicht fehlen. Die Nüsse wurden von der Landbevölkerung bereits im Herbst selbst gepflückt und in kleinen Säcken zum Trocknen in den Schornstein gehängt.

Einst war es ebenso Brauch, dass die Krämer ihre Kunden und deren Dienstboten vor dem Weihnachtsfest mit Weihnachtskuchen beschenkten. Doch wurde diese Beschenkung bereits im 19. Jahrhundert nicht mehr vorgenommen.

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Textquelle:

Handelsmann, Heinrich: Weihnachten in Schleswig-Holstein, Kiel: Schwer’sche Buchhandlung, 1886.

Bildquellen:

Vorschaubild: Weihnachtsmarkt auf dem Markt (2005), Urheber: NvG via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Wahrsagen in den Rauhnächten, russische Illustration, 1885, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Nonnenfürzchen, 2008, Urheber: THWZ via Wikimedia Commons CC-by-sa 3.0.

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